Nizawim

Nizawim

Nizawim – Du hast die Wahl

5.Mose 29,9 ff

Wir stehen heute alle vor dem Ewigen

Telefonverträge haben meist eine Laufzeit von 2 Jahren.
Und 3 Monate vor dem Auslauf sollte man sich informieren ob es nicht irgendwo einen besseren gibt und den aktuellen rechtzeitig zu kündigen und einen neuen abzuschließen.
Im Monat Elul geht es mir oft wie zum Ende einer Vertragslaufzeit. Denn wir alle überprüfen unseren Vertrag mit Gott. Nicht darauf ob sich ein besserer Deal findet, sondern darauf wie gut wir den Vertragsbedingungen entsprechen. Stichtag ist Jom Kippur.

5.Mose 29,1 Ihr steht heute alle vor dem Ewigen, eurem Gott.

Die jüdische Tradition sagt, dass dieses „heute“ (hajom) in der Schrift oftmals Rosh Hashana meint. Es ist kein Zufall, dass dieser Tag vor der Tür steht und dann bleiben uns noch 10 Tage uns selbst zu prüfen, in unserem Leben aufzuräumen und um Vergebung zu bitten. Diese Parasha ist also eine gute Vorbereitung.

Das heute von damals können wir also auch auf uns heute anwenden, auch wir sind hier erwähnt, denn eingeschlossen sind die, die damals vor Gott standen als auch die, die nicht dort waren.

„Ihr steht heute vor dem Ewigen eurem Gott, Männer (von Stammhäupter bis Holzhauer & Wasserträger), Frauen, Alte, Kinder und der Fremde, der im Lager bei euch ist.“
Gott richtet sich hier in erster Linie an sein Volk, aber in unserer wöchentlichen Brit Hadasha Lesung, die wir eben gehört haben, finden wir eine Parallel-Passage im Römerbrief 9 und 10, die das Bild hier vervollständigt. Wie eine Art zweite Seite der Medaille, wo Gott besonders die Nationen in seinen neuen Bund einlädt. Unser Thema ist also relevant sowohl für uns Juden, als für die „Fremden“, die sich unserer jüdischen Gemeinde angeschlossen haben.
Die gesagt haben, euer Gott soll unser Gott sein und euer Volk soll unser Volk sein und wo ihr hingeht, da wo wollen auch wir hingehen und auf die Art und Weise gehen, wie ihr es tut!

Übrigens ticken andere messianische Gemeinden anders als wir.
Wir haben auf unserer großen Reise durch Kanada und USA unterschiedliche messianische Gemeinden besucht und eine hat uns besonders gut gefallen: Wunderbare Liturgie, toller Lobpreis, weise Lehrer, nette Menschen, aber auch starke Unterschiede zu uns:

  • Sichtbare Unterscheidung zwischen Juden und Nichtjuden in der Gemeinde
  • Nur Juden dürfen bestimmte Ämter übernehmen
  • Nur Juden dürfen aus der Tora lesen und diese tragen
  • Nur Juden dürfen Tallit und Kippa tragen
  • Nur Juden halten sich an das Gesetz der Tora, auch hinsichtlich des Essens

Sie waren sehr verwundert zu hören, dass unsere Gemeinde da anders funktioniert und dass unsere strengsten Kashrut-Kontrolleure „unsere Nichtjuden“ sind. Aber es hat mich auch ein wenig zum Nachdenken gebracht.
Vielleicht gibt es eine gesündere Mitte. Ich denke, es ist wichtig, dass jeder einzelne von uns sich etwas bewusster wird über seine eigene Identität und sich damit mehr anfreundet, es mehr zu schätzen weiß und Gott dafür dankt, dass er uns zu denen gemacht hat die wir sind. Wir sind unterschiedlich und das ist gut so, denn jeder von uns hat seine besondere Aufgabe von Gott.

Der Herr erwählt und errettet sein Volk und er sammelt auch andere hinzu.
Als Adonai durch Moshe unser Volk aus Ägypten führte, wurden auch Menschen aus anderen Völkern frei und verließen die Sklaverei.
Auch Jeschua kam auf diese Erde um vor allem sein Volk zu retten:

Matthäus 15,24: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.

Und dieser Rettung dürfen sich auch alle anderen Völker anschließen. Hinsichtlich der Errettung gibt es keinen Unterschied:

Römer 10,11-13: Darum heißt es in der Schrift: »Jeder, der ihm vertraut, wird vor dem Verderben bewahrt werden.« Ob jemand Jude oder Nichtjude ist, macht dabei keinen Unterschied: Alle haben denselben Herrn, und er lässt alle an seinem Reichtum teilhaben, die ihn ´im Gebet` anrufen.

Gott stellt also ALLE aus dem Volk vor sich um was zu tun?

5.Mose 29,11-14: damit du in den Bund des HERRN, deines Gottes, eintrittst und in seine Fluchbestimmung, den der HERR, dein Gott, heute mit dir schließt, damit er dich heute zu seinem Volk erhebt und er dein Gott ist, wie er zu dir geredet und wie er deinen Vätern, Abraham, Isaak und Jakob, geschworen hat. Doch nicht mit euch allein schließe ich diesen Bund mit dieser Fluchbestimmung, sondern sowohl mit dem, der heute hier ist, der mit uns vor dem HERRN, unserm Gott, steht, als auch mit dem, der heute nicht mit uns hier ist.

Gott schließt einen Bund mit SEINEM Volk für alle Generationen

„ich wurde doch gar nicht gefragt“ – Der Bund mit dem Volk ist geschlossen, aber jede Generation muss sich aufs Neue individuell für oder gegen den Bund entscheiden. Für oder gegen Gott.

5.Mose 30,10 wenn du der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorchst, um seine Gebote und seine Ordnungen zu halten, die in diesem Buch des Gesetzes aufgeschrieben sind, wenn du zum HERRN, deinem Gott, umkehrst mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele.

Ki tashuv el Adonai Elohecha b’kol levavecha u b’kol nafshecha

Unsere Teens, die gerade ihre Bar und Bat Mizwah hinter sich haben.
Es reicht nicht in einer gläubigen Familie aufzuwachsen. Ihr seid nun selbst für eure Glaubensentscheidungen verantwortlich – nicht eure Eltern. Jeder muss selbst umkehren, Tshuva tun. Und das ist nicht nur ein einmaliger Moment, sondern eine lebenslange Rückkehr zu Gott, ein ihm ähnlicher werden. Aber es fängt alles mit dieser ersten Entscheidung an, sich zu Gott zu drehen. Dein Leben auf ihn auszurichten.

Würdet ihr mit jemandem einen Vertrag abschließen wenn ihr schon vorher wisst, dass euer Gegenüber diesen brechen wird? Natürlicht nicht! Aber genau das macht Gott. Und weil er weiß, dass sein Vertragspartner, WIR, den Vertrag brechen werden baut er schon zu Beginn eine Klausel ein, die eine Rückkehr erlaubt.
Jeder Anwalt würde sagen: Verrückt. Aber so sehr liebt Gott uns und so groß ist seine Gnade.
Er sagt: „du wirst meinen Bund brechen und ich werde dich hart bestrafen, Israel in der Welt verstreuen, aber wenn du Tshuva tust, dich zu mir bekehrst mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, …“

5.Mose 30,3 dann wird der HERR, dein Gott, dein Geschick wenden und sich über dich erbarmen. Und er wird dich wieder sammeln aus all den Völkern, wohin der HERR, dein Gott, dich zerstreut hat.

Der Bund wurde mehrfach gebrochen, aber Gott löst ihn nicht auf. Die Tatsache, dass Der Herr sein Volk heute in Israel sammelt ist ein gutes Zeichen: Sein Bund besteht und Sein Volk ist auf dem Weg der Tshuva. Nun ist Buße natürlich ein innerer Vorgang und wir sind Meister im Selbstbetrug. Aber aufrichtige innere Umkehr ist am sichtbaren/ äußeren Leben erkennbar.

Schritte der Umkehr – Jom Kippur Checkliste

Die rabbinische Literatur hat die Umkehr in mehrere Schritte unterteilt um das leichter handhabbar zu machen und vielleicht eine Art Jom Kippur – Checklist für mich selbst um mich selbst zu prüfen:

  1. Die Sünde gestehen und bereuen
  2. Die Sünde aufgeben / verlassen. Nie wieder tun und wenn die Sünde sich doch wiederholt, dann Abstand nehmen zu allem, was dich in Versuchung bringt diese Sünde zu begehen.
  3. Sich sorgen um die Zukunftskonsequenzen der Sünde
  4. Sich demütig verhalten
  5. Das Ausmaß der Sünde verstehen
  6. Beten um Versöhnung
  7. Die Sünde korrigieren (wenn möglich) z.b. bei Diebstahl
  8. Sich an die Sünde für den Rest deines Lebens erinnern
  9. Vermeiden die gleiche Sünde wieder zu begehen
  10. Andere lehren nicht zu sündigen

Rabbi Nahum von Tschernobyl hatte einen Kollegen der seit 5 Jahren nicht Buße tun will: „er ist seit 5 Jahren tot“. Umkehr heißt Auferstehung. Ohne Leben aus Gott heraus sind wir „the walking dead.“

Gott erwartet von uns die Tshuva, dass wir uns zu ihm umdrehen, sich ihm zuwenden. Und dann? Dann beschneidet er unser Herz und hilft uns auf unserem Weg zu ihm.

5.Mose 30,6 Und der HERR, dein Gott, wird dein Herz und das Herz deiner Nachkommen beschneiden, damit du den HERRN, deinen Gott, liebst mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele, dass du am Leben bleibst. [Mendelson Übersetzung: Die ausschweifenden Begierden und Neigungen des Herzens wie einen wilden Auswuchs ausrotten]

Er hilft uns bei der Rückkehr sobald er sieht, dass wir von Herzen umkehren wollen. Im Talmud (Schabbat 104a) heißt es: „Wer den Weg des Guten zu gehen sich selbst bemüht, dem wird auch Hilfe von oben zuteil.“
Er hilft auch bei der Erfüllung seiner Weisungen. Manche halten die Gebote für nicht einhaltbar. Wie eine Karotte, die vor unserem Gesicht an einer Schnur herabhängt. Aber Gott sagt nein:

5.Mose 30,11-12: Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir’s hören und tun?

Gottes Gebote sind nicht unmöglich zu halten, sie sind nicht verborgen, keine verschlüsselte Mystik, die nur einer bestimmten Elite zugänglich ist.

5.Mose 30,14: Sondern das Wort ist dir ganz nahe. Du hast es im Mund und den Begriff davon im Herzen, wie solches zu beachten sei.

  • Das Wort ist uns verständlich, vertraut und persönlich
  • Und wir begreifen in unserem Herzen wie diese Gebote zu halten seien. Durch den Geist Gottes der in uns wohnt.
  • Wir haben es im Mund: drückt aus dass das Wort wie Nahrung für uns sein soll, also Überlebenswichtig. Wie oft essen wir? Auch nur einmal in der Woche?
  • Und wir müssen darüber reden! Mit unseren Kindern, mit anderen Menschen – das sichert auch die Zugänglichkeit/ Erreichbarkeit für die, die nicht lesen können.
  • Das Wort ist uns nah: da fällt uns gleich Jeschua ein, der als Wort bezeichnet wird. Durch ihn wird uns auch die Tora nah – er erklärt sie, er lebte sie, er erfüllte sie, er machte sie vollständig

Römer 10,4: Denn das Ziel, auf das die Torah zuläuft, ist der Messias, der jedem, der vertraut, Gerechtigkeit anbietet.

Du hast die Wahl

Unsere Wochenlesung endet damit das Gott uns vor die Wahl stellt:

5.Mose 30,19-20: Das Leben und den Tod habe ich dir vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen, indem du den HERRN, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhängst!

Wir sollen ihm anhangen! In der heutigen Medienwelt gibt es nur zwei Kategorien von Menschen: Influencer und Follower (Beeinflusser und Nachfolger).
Die einen Produzieren Inhalte, die anderen konsumieren. Influencer erreichen sehr viele Menschen und haben damit großen Einfluss auf Trends und Meinungen ihrer Follower. Gott will dass wir ihm alleine anhangen, ihm followen. Er will der einzige Influencer in unserem Leben sein. Er will, dass wir ihn lieben. „Aber ich spüre keine Schmetterlinge“. Das ist auch nicht gemeint. Liebe ist eine Entscheidung. Ich kann mich entscheiden ihm mein Leben zu widmen, meine Interessen unter seine zu stellen, eine lebendige Beziehung zu führen.

Segen und Fluch liegt beides in Gottes Hand, die er vor uns hinlegt. Wir müssen lernen beides aus seiner Hand zu empfangen und sich immer bewusst zu machen, was er uns alles Gutes zuteilwerden lässt und was er von uns fernhält. Wir vergessen das sehr oft. Oft erinnern wir uns erst dann wenn etwas fehlt, wie toll das war was wir hatten. Wir nehmen vieles für selbstverständlich und vergesen zu danken: für den neuen Schrank, für die einzigartige Reise und die Bewahrung dabei, das neue Haus, …

Aber legt uns nicht nur beides vor und sagt: Leben und Tod. Wähle! Ihm ist nicht gleichgültig wie wir entscheiden. Er sagt „Wähle das Leben“! Er will uns segnen, Er will unser Bestes. Aber die Entscheidung liegt bei uns.

Wann ist die richtige Zeit für tschuva?

Rabbi Eliezer hat seine Schüler gelehrt „Bekehrt euch am letzten Tag vor eurem Tod“. Die Schüler fragten ihn: „aber woher sollen wir wissen wann wir sterben“? Rabbi Eliezer antwortete „eben darum ist besser dies heute zu tun“.

Wer noch nie Tshuva getan hat – nutzt die Zeit die vor Jom Kippur bleibt am besten noch heute. Wer sich bereits Gott zugewandt hat aber die Sünde lässt uns immer noch nach links und rechts schauen – nutzen wir die Zeit um aufzuräumen, um Vergebung zu bitten und uns neu auf Adonai auszurichten.

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